Entschleunigung durch Wandern
Während ich diese Zeilen schreibe, sitze ich gerade an meinem Schreibtisch und schaue zum Fenster raus. Ein bisschen hat diese Aussicht mich zu diesem Artikel inspiriert. Leider.
Denn durch mein Fenster blick ich auf drei sich kreuzende Hauptstraßen und eine Straßenbahntrasse. Es ist Dienstag Mittag nach dem Pfingstwochenende und das geschäftige Treiben dort unten könnte nicht größer sein. Lastwagen brettern laut über die kreuzenden Schienen hinweg, das Martinshorn von Krankenwagen und Polizeiwagen ertönt mindestens alle 15 Minuten, getunte Motorräder und 3er BMW’s röhren um die Dezibel-Krone und die Straßenbahnen liefern ebenfalls ihren Beitrag zu dem blechernen Konzert.
Die Fußgänger hetzen über die Straßen, wenden nur kurz den Blick vom Smartphone. Flinken Schrittes wird zur Straßenbahnhaltestelle gelaufen ohne Rücksicht auf den mal mehr oder weniger fließenden Verkehr. Begleitet von einen genervten Hupkonzert. Obwohl ich gerade Mittagspause mache, ist das letzte an das ich denken kann, Entspannung. Selbst durch die geschlossenen Fenster dringt ein stressiger Grundlärm, der ein kurzzeitiges Abschalten von der Arbeit nur schwer möglich macht.
Alle scheinen es unendlich eilig zu haben. Von Entspannung und Ruhe sehe ich gerade herzlich wenig. Druck am Arbeitsplatz, Stress, Erwartungshaltungen anderer Menschen, Dauerbeschallung durch Medien und Internet sowie ständige Erreichbarkeit haben unser Leben in den letzten Jahren immer schnelllebiger und stressiger werden lassen.
1000 Gedanken, Verpflichtungen und Erledigungen schwirren einem im Kopf rum. Neben der Arbeit warten Zuhause oft direkt die nächsten Aufgaben. Wäsche waschen, Geschirr spülen, Saugen, Aufräumen, Rechnungen bezahlen, Facebook, Twitter, Fernsehn….Dauerbeschallung. Einfach mal abschalten, den Kopf frei machen und das Leben genießen fällt vielen gar nicht so einfach bei dem täglichen Dauerlauf im Hamsterrad. Bis vor ein paar Jahren ging es mir ähnlich.
Bis ich das Wandern für mich entdeckt habe.
Meine Gründe für Entschleunigung
Man muss sich nicht immer an den gesellschaftlichen und kapitalistischen Gedanken “schneller, höher, weiter” orientieren um glücklich zu sein. Im Gegenteil. Entschleunigung des Alltags. Zu Ruhe kommen. Zu Fuß gehen. Die Freude an der Langsamkeit entdecken. Das gibt mir viel Kraft und Energie, um meine Akkus wieder aufzuladen. Und all das verbinde ich mit dem Wandern.
In diesem Artikel zeige ich Dir daher 6 Wege wie und warum Wandern deinem Leben und Alltag Entschleunigung, mehr Ruhe und Entspannung geben kann.
1. Abkopplung vom Internet
Die permanente Erreichbarkeit durch mobiles Internet und Smartphones hat viele Vorteile. Aber nicht 24h am Tag.
Wenn Du Schwierigkeiten damit hast, nicht andauernd deine Nachrichten zu checken, dann geh raus in die Natur und wandere. Ich habe die meiste Zeit in der Natur sowieso keinen oder wenn, dann nur sehr schlechten Internet-Empfang. Ich empfinde das als äußerst wohltuend. Keine E-Mails, Facebook-Nachrichten oder Twitter-Tweets. Keine permanente Ablenkung.
Sofern ich mein Smartphone nicht als Navigation nutzte, verschwindet es hinten im Rucksack. So ist es sehr einfach dem Drang zu widerstehen, andauernd auf das Ding zu schauen, um zu gucken ob ich nicht einen Anruf verpasst habe oder wie viele Likes mein neustes Instagram Bild schon bekommen hat. Schalt es mindestens auf Lautlos oder fahre es ganz herunter. Dann gibt’s auch keine ungebetenen Anrufe oder SMS.
2. Ruhe in der Natur
In den Groß- oder Kleinstädten ist man umgeben von Autos, LKWs, Menschenmassen, Straßenbahnen, Bussen und Baustellen. Richtig abschalten kann ich dabei nicht besonders gut. Wenn ich aber im Wald, auf Feldern oder im Gebirge auf dem Wanderweg kurz innehalte und die Augen schließe, dann habe ich das, was ich so oft vermisse …
Ruhe!
Setzt Dich auf eine Bank am Wegesrand, leg dich auf eine einsame Wiese, mach es dir auf einem Felsen bequem und genieße einfach die Stille. Mir kommen dann immer die tollsten Ideen und ich kann endlich einmal länger über die Dinge nachdenken die mir wichtig sind. Oder ich versuche an gar nichts zu denken und genieße einfach nur den Moment. So fühle ich mich immer ganz weit entfernt von meinen Sorgen, Aufgaben und Problemen im Alltag.
In Kombination mit der monotone und langsamen Bewegung beim Wandern, versetzt mich das teilweise in eine meditative Stimmung, in der ich meinen Gedanken freien Lauf lassen kann. Nichts hetzt dich und kein Lärm stört dich beim Wandern in der Natur. So kann der Körper richtig entspannen und zu Ruhe kommen.
3. Entschleunigung durch das Outdoor-Erlebnis
Oft bin ich schon beim Wandern in Regenschauer, Schneegestöber, heftige Windböen, Gewitter und Stürme geraten. Es war oft kalt, nass, nebelig und ich hatte bei diesen Witterungen auf schmalen, ausgesetzen Bergpfade ziemlich viel Schiss. In vielen Nächte habe ich im Zelt gefroren und kein Auge zu getan. Mir ging in der prallen Sonne bei 30°C das Trinkwasser aus und Gewitter setzten plötzlich dann ein, als man auf der exponiertesten Stelle angelangt war.
Warum geht man dann überhaupt noch draußen wandern?
Weil es mich glücklich macht. Weil es die Dinge in eine andere Perspektive rückt. Weil es mich vom stressigen Alltag ablenkt. Weil man erkennt was einem wichtig ist und was nicht. Weil es einen fokussiert. Weil es zum nachdenken anregt. Weil es ein Abenteuer ist. Weil man danach eine tiefe Dankbarkeit dafür empfindet, wie schön es sein kann in einem warmen, weichen Bett zu schlafen mit einem Dach über dem Kopf.
Und weil ich einfach nicht genug davon kriegen kann. Auch nach der längsten und anstrengensten Tour, könnte ich schon nächste Woche direkt wieder los laufen!
4. Intensive Gespräche
Wenn Du mit mehreren Leuten auf einer Wanderung bist, gibt es immer Passagen an denen keiner ein Wort sagt und jeder seinen eigenen Gedanken hinterher hängt. Das ist auch gut und wichtig.
Aber gleichzeitig hatte ich auch die interessantesten, intensivsten und informativsten Gespräche beim Wandern. Durch die lange körperliche Bewegung und die frische Luft gelangt mehr Sauerstoff zum Gehirn, welches dadurch leistungsfähiger und fitter ist. Oft fallen einem dann neue Sichtweisen und Ideen für alte Probleme, Konflikte oder Aufgaben ein.
Besonders im Gespräch mit Anderen, entwickeln sich dann teilweise lange Gespräche, die man aus Zeitmangel oder sonstiger Ablenkung so im Alltag niemals führen würde. Beim Wandern aber lenkt einen nichts ab und man hat genügend Zeit. So lernt man seinen Gegenüber besser kennen und entdeckt auch an sich eventuell Seiten, die man so selber noch nicht wahrgenommen hat.
5. Mach eine Fernwanderung
Um sich mal für länger Zeit komplett aus dem Alltag auszuklinken, bietet sich eine mehrwöchige Fernwanderung bestens an. So ein Abenteuer eignet sich hervorragend, um sich selbst ein paar wichtige Fragen zu stellen und seinen bisherigen Werdegang und seine Zukunft zu hinterfragen. Bin ich glücklich mit dem was ich mache? Was sind meine Ziele im Leben? etc…
Durch die körperliche und geistige Herausforderung, lebte ich für die Zeit meiner Fernwanderung vollständig im Moment und habe den Alltag komplett ausgeblendet. Die essentiellen Bedürfnisse im Leben nach Essen, Wasser, Schlaf und einer trockenen Unterkunft stehen im Vordergrund.
Termindruck, Erwartungen anderer Menschen an einen, vollgestopfter Kopf, mediale Bombardierung – all das ist weg!
Du bist nur für Dich und musst alleine klarkommen. Das kann Dir anfangs ziemlich viel Angst machen – Aber weckt auch ungeahnte Talente und stärkt dein Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl ungemein. Eine Fernwanderung verändert Dich. Und mit Sicherheit zum Positiven!
Auf einer Fernwanderung lernst Du das langsame Reisen kennen. Keine verspäteten Züge, Busse oder Staus. Nur Du und Deine Füße. Probier’s aus! Interessiert an einer Fernwanderung, aber noch keine Idee wie das funktionieren soll?? In meinem neuen E-Book erfährst Du es!
6. Entschleunigung durch Minimalismus/ Reduzierung
Ich habe in einigen Artikeln schon beschrieben, wie wenig Gepäck man eigentlich beim Wandern braucht. Und all das trägt man nur in seinem Rucksack mit sich. Die Hände sind frei und die wenigen Besitztümer sind mobil an den Wanderer geschnallt.
Je weniger Du beim Wandern mit dir trägst, desto mehr kannst Du dich auf das Erlebnis an sich und deine natürliche Umwelt konzentrieren. So bleibst du agil, leichtfüßig und kannst deine Gedanken auf das Wesentliche und für dich Wichtige lenken. Keine Ablenkung durch einen drückenden Rucksack oder unnötige Dinge.
Willst Du beim Wandern einen freien Kopf bekommen, dann ist weniger definitiv mehr!
Netter Bericht zur Entschleunigung des Lebens :) ! Das sollten viel mehr Leute lesen, vor allem gestresste Großstädter ;) ! Lg Martin
Hallo Martin,
Danke Dir :)
LG Alex
Hey Alex,
wunderbar geschrieben und so wahr. Eigentlich eine „Ode“ an das Wandern als sich. Man merkt, wie viel Dir das Wandern gibt. Ich sehe das übrigens genauso: Wandern entschleunigt. Dabei denke ich, ist es die Kombination der von Dir genannten Punkte. Ich kann zwar auch zu Hause mein Telefon ausschalten. Dafür bin ich dann dort mit anderen Dingen abgelenkt. Ich wohne in der Stadt, aber super ruhig. Mit der Ruhe in der Natur ist es allerdings nicht zu vergleichen. Ich kann mich auch beim Kaffee mit einer Freundin intensiv unterhalten. Dennoch, der Charakter eines Gesprächs bei einer Wanderung ist eine andere. Erst die Kombination zusammen mit der körperlichen Bewegung bewirkt bei mir Entspannung pur.
Liebe Grüße
Steffi
Hi Steffi,
danke dir für deinen schönen Kommentar! Entschleunigung war auch einer der Gründe, warum ich in Köln nicht mehr in die Innenstadt gezogen bin. Zuviel Lärm und Stress auf einem Haufen :) Und der Weg ins Grüne ist dadurch deutlich kürzer geworden. Ich stimmt Dir vollkommen zu, dass die körperliche Bewegung das intensive Erleben erst möglich macht. Nur rumsitzen könnte ich nämlich gar nicht ;)
Liebe Grüße,
Alex
Hi Alex, ich kann das nur bestätigen. Ich bin auch erst vor wenigen Jahren zum Wandern gekommen. Wenn ich an und an alleine unterwegs bin, dann mache ich das, weil ich gerne draußen bin. Aber auch, weil ich da einfach super abschalten kann. Ich schlafe draußen beinahe besser als im Bett ? Und was das Thema Smartphone betrifft: ich habe recht früh das ganze Gebimmel und Geblinke abgestellt. Obwohl ich ein Firmensmartphone habe. Aber so wichtig ist kein Mensch und ich kann ja dann zurückrufen.
Hi Matthias,
das ist doch super! Ich kann Dir da auch voll und ganz zustimmen. Es gibt fast nichts besseres als unter dem Sternenhimmel einzuschlafen :)
LG ALex
Hallo Alex,
du sprichst mir aus dem Herzen. Seit dem letzten Jahr verspüre ich den starken Drang zu wandern. Ich habe mich für eine Tour durch die Highlands entschieden und werde das mal 10 Tage im Mai absolvieren.
Ich war schon ein paar mal in Schottland und es ist eine wahnsinns Herausforderung für mich und darauf freue ich mich. Ich freue mich auf Ruhe, auf Gedankenreisen und mich wieder selbst zu finden.
Liebe Grüße und ein gesundes neues Jahr!
Hi Christine,
vielen Dank für deinen schönen Kommentar.
Viel Spaß Dir in Schottland!
Liebe Grüße,
Alex