Mit der Reihe “Ultraleicht im Winter” möchte ich Dir leichte Ausrüstung und Konzepte für UL-Wandern in der kalten Jahreszeit etwas näher bringen. Den Startschuss gibt dabei das Thema Bekleidung.
Denn der Bekleidung kommt beim Wandern im Winter eine ganz besondere Rolle zu. Wenn -20 °C Außentemperatur herrscht, ist ein funktionierendes Bekleidungssystem vor allem bei Trekkingtouren überlebenswichtig. Aber es macht wenig Sinn, sich auf die Suche nach der einen pauschal richtigen Kombination an Kleidungsstücken zu machen. Denn neben den Unterschieden in Physiologie und Kälteempfinden der Menschen, ist auch eine Unterscheidung zwischen nasser und trockener Kälte bei der Auswahl der passenden Ausrüstung wichtig.
Bis knapp unter den Gefrierpunkt kann es nämlich noch relativ feucht sein. Bedingungen die feindselig für Daunenprodukte sein können. Jenseits von -5 °C hingegen, wird die Luft mit sinkenden Temperaturen immer trockener. So können, je nach Temperatur, die Anforderungen an die Ausrüstung im Winter ziemlich unterschiedlich ausfallen.
Ultraleicht im Winter – Bekleidung
Daher ist es bei der Wahl der passenden Bekleidung für Wintertouren entscheidend zu wissen, ob eher nass-kalte oder trocken-kalte Bedingungen zu erwarten sind und welcher Temperaturbereich voraussichtlich herrschen wird. Ein paar grundsätzliche Hintergrundinformationen zu dem Themenbereich Outdoor Touren im Winter findest Du in den folgenden Artikel:
- Wandern im Winter – Tipps für die Tourenplanung bei Eis und Schnee
- Zelten im Winter – Trotz Minustemperaturen warm im Schlafsack
- Winterschlafsäcke – 12 Top Modelle bis -40°C
Anmerkung:
Während im Sommer das Gewicht der Bekleidung für mich eine entscheidende Rolle spielt, steht bei Temperaturen weit unterhalb des Gefrierpunktes die Funktion und Wärmeleistung definitiv an erster Stelle. Was nutzt das superleichte Paar Handschuhe, wenn die Finger bei -20°C halb eingefroren sind.
Wetter- und Temperaturannahmen
Bei den hier aufgelisteten und von mir verwendeten Bekleidungsstücken, gehe ich von einem trocken und kalten alpinen Wintertag mit Tagestemperaturen von zwischen -20 °C und -10°C aus. In noch kälteren Gefilden bewege ich mich selten. Sollte es im Tagesverlauf wärmer werden, verschwinden einige der Bekleidungsschichten im Rucksack.
In den folgenden Abschnitten sind die Bekleidungsschichten in die jeweiligen Körperregionen aufgeteilt. Beginnend mit dem Oberkörper.
Oberkörper
Ob feucht- oder trocken kalt: Die Baselayer sind in beiden Fällen identisch. Über einem Merino T-Shirt trage ich ein langärmliges Shirt aus der feinen Naturfaser. Beide sind körperbetont geschnitten, liegen eng an und können somit den Schweiß gut nach außen abtransportieren. Merinowolle bevorzuge ich neben seiner geruchshemmenden Wirkung auch wegen der Fähigkeit, im nassen Zustand besser zu isolieren, als ein Synthetik Pendant.
Aber: Bei eisigen Temperaturen macht es meiner Erfahrung nach kaum einen Unterschied, ob man ein nasses Merinoshirt oder ein feuchtes Synthetik Exemplar am Körper trägt.
In Bewegung
Von Innen nach Außen aufgelistet, sehen meine Bekleidungsschichten während dem Wandern oder der Schneeschuhtour wie folgt aus:
- Merino T-Shirt – 150er Smartwool* oder
- Merino Langarmshirt
- Fleece Midlayer – Salomon Performance Fleece*
- Primaloftjacke
- Vaude Alagna II oder
- Vaude Sesvanna Weste
- Hardshell oder Windbreaker
- Haglöfs LIM III oder
- alte, unkaputtbare Scott GoreTex Hardshell
In Ruhe – Zusätzlich
Sollte aus der (Tages-)Wanderung auch eine Trekkingtour mit winterlicher Übernachtung werden, braucht es auch noch etwas mehr an Isolation für die kalten Abende ohne Bewegung im Lager. Dafür habe ich dann zusätzlich noch eine zweite und trockene (!) Ausführung an Baselayern im Gepäck. Denn bei winterlichen Temperaturen entzieht die feuchte Kleidung dem Körper noch schneller als sonst die Wärme.
- trockene Baselayer – T-Shirt sowie Langarmshirt
- Daunenjacke – Cumulus Incredilite Endurance
Beine
Um die Polyester Unterhose ziehe ich als Baselayer eine 200er Merino Leggings* von Icebreaker. Dann folgt normalerweise direkt meine Skitourenhose von Marmot. Sollte es aber besonders kalt sein, habe ich noch eine halblange Merino-Unterhose von Dilling, die als optionale Zwischenschicht fungieren kann.
Die Marmot Freerider Pant* ist von ultraleicht weit entfernt. Da ich sie an am Körper trage, ist das Zusatzgewicht für mich jedoch zu verschmerzen. Dafür ist die GoreTex-Hose wasserdicht und besitzt einen extrem abriebfesten Oberstoff. Mittlerweile habe ich das gute Stück mehr als 6 Jahre im Einsatz. Bis auf einen kleinen Schnitt am Fußabschluss ist kein Verschleiß zu erkennen.
Besonders wenn Du häufig mit Schneeschuhen oder bei viel Schnee unterwegs bist, macht eine robuste und wasserdichte Ski- oder Snowboardhose Sinn. Bei stundenlangem Kontakt mit dem Schnee bleiben die darunter liegenden Kleidungsschichten länger trocken. Seitliche Belüftungsöffnungen sind hilfreich, wenn der Anstieg schweißtreibender als erwartet ist.
In Bewegung
- Funktionsunterhose
- Merino Skiunterwäsche – Icebreaker Oasis 200er Leggings*
- optional: halblange Merino Unterhose – Dilling
- Skitouren Hose
- Marmot Freerider Pant*
- alternativ wenn wärmer und weniger Schnee: Softshellhose – Norrona Falketind Flex 1 Pant
In Ruhe – Zusätzlich
Verbringt man nach der Tour auch noch die Nacht im Freien, kann es ähnlich wie dem Oberkörper auch den Beinen schnell kalt werden. Als zusätzliche Schicht bietet sich dann eine Isolationshose mit Daunen- oder Kunstfaserfüllung an. Unterhalb der Skitourenhose. Diese Produkte sind aber Exoten. Besonders die Modelle der amerikanischen UL-Schmieden bekommt man nur selten in die Finger. Einige alternative Exemplare habe ich dennoch aufgelistet:
- Isolationshose
Schuhwerk
Die Wahl meines Schuhwerks hängt stark von der Höhe der Schneedecke ab. Ist es einfach nur sehr kalt, eine geschlossene Schneedecke aber nicht vorhanden, dann tendiere ich zu halbhohen Schuhen. Ob es dann Zustiegs- oder Trailrunning Schuhe werden, hängt von den zu erwartenden Wegen beziehungsweise deren Schwierigkeit ab. Microspikes für vereiste Passagen passen an beide Varianten.
Ist aber eine geschlossene Schneedecke jenseits von 20 cm Dicke zu erwarten, setze ich auf Trekkingstiefel. Vor allem, wenn ich plane meine Schneeschuhe unter die Füße zu schnallen. Das funktioniert mit halbhohen Tretern einfach nicht sonderlich gut.
Vapour Barrier Liner
Bei der Variante mit den halbhohen Schuhen setzte ich auf eine nicht (!) atmungsaktive VBL-Schicht. Zum einen, weil die bevorzugten Altra Trailrunner nicht wasserdicht sind. Und zum anderen, damit die isolierende Außensocke sich nicht mit dem Schweiß der Füße vollsaugt und ihre Wärmeleistung verliert.
Zusätzlich werden die Schuhe dadurch auch weniger feucht von Innen. So müssen die Treter nach einer eisigen Zeltnacht am Morgen nicht erst wieder aufgetaut werden. Die VBL-Schicht ist somit hauptsächlich bei Wintertouren interessant, bei denen Abends nicht die Möglichkeit besteht, die Schuhe wieder zu trocknen.
Da nun deutlich mehr Schichten als üblich am Fuß sitzen, ist es wichtig, dass die Schuhe nicht zu eng anliegen! Ansonsten gibt es neben Druckstellen auch Kältebrücken, wodurch die Füße sehr viel schneller frieren.
Wenig Schnee – Variante 1
Am Fuß sieht das dann von Innen nach Außen wie folgt aus:
- dünne Linersocke – Woolpower Liner*
- VBL Liner
- Exped VBL Socks*
- Alternativ: Gefrierbeutel 6L
- dicke Außensocke (1 -2 Nummer größer als sonst) – Smartwool Mountaineering*
- halbhohe Schuhe
- Trailrunner – Altra Superior 3.5 oder
- Zustiegsschuhe – Salewa Wildfire Pro
- Microspikes* – bei vereisten Passagen
Viel Schnee – Variante 2
- dünne Linersocke – Woolpower Liner*
- VBL Liner
- Exped VBL Socks*
- Alternativ: Gefrierbeutel 6L
- dicke Außensocke (1 -2 Nummer größer als sonst) – Smartwool Mountaineering*
- Trekkingstiefel – Salewa ALP Trainer Mid*
- Schneeschuhe*
Handschuhe
Sollte es -20°C Außentemperatur haben, dann sind selbst meine geliebten Montane Prism Mitts nicht mehr die richtige Wahl. Dann braucht es dickere Geschütze. Da ist dann auch nicht mehr das Gewicht so entscheidend, sondern die Fähigkeit die Hände vor dem Erfrieren zu schützen. Ich persönlich bin ein großer Freund von Fäustlingen, da sie durch ihre geringere Oberfläche, weniger Wärmeverlust verzeichnen. Wem aber Geschicklichkeit wichtiger als maximale Wärme ist, dem sei zu einem Fingerhandschuh geraten.
Um bei tiefen Minusgraden die Hände warm zu halten, arbeiten die meisten Handschuhe für diesen Temperaturbereich mit dem Zwiebelsystem. Über einem isolierten und wärmenden Innenhandschuh sitzt ein wetterfester und/oder abriebsfester Außenhandschuh. Einige Exemplare besitzen zusätzlich noch einen dünnen Fingerhandschuh als innerste Schicht.
Ich persönlich nutze die Primaloft-Isolierten Black Diamond Mercury Mitts, da sie für die gebotene Isolationsleistung ein gutes Preis-Leistungsverhältnis haben. Laut Black Diamond sollen die Mercury Mitts die Finger bis -29°C warm halten. Gewicht ~ 260 g.
Bei sehr kalten Bedingungen können Daunenhandschuhe wie die Rab Expedition 8000 eine alternative zur Kunstfaserisolierung sein. Solche Expeditionshandschuhe sind super warm und haben bei eisigen Temperaturen auch kein Problem mit Feuchtigkeit.
Kopfbekleidung
Die Kopfbekleidung hängt bei mir immer davon ab, ob ich bergauf oder bergab gehe. Denn im Aufstieg wird mir auch bei winterlichsten Temperaturen schnell sehr warm. Trage ich dann eine dicke Wollmütze, muss ich sie mir schnell vom Kopf reißen, um sie nicht vollständig zu durchnässen.
Daher hat sich über die Jahre folgendes System bei mir bewährt: Im Aufstieg trage ich ein doppelt gefaltetes Merino-Buff als leichte Mütze. Sie ist sehr atmungsaktiv und lässt genügend Luft an meinen Kopf. So schwitze ich weniger stark. Bei viel Sonne auch mit meiner NoName-Kappie als Augenschutz darüber. In Pausen oder beim Abstieg mache ich dann Gebrauch von einer trockenen und dicken Fleece Mütze. Zusätzlich ziehe ich, je nach Temperatur, die dicke Kapuze meiner Daunenjacke über.
Geht es nach einer Pause weiter bergauf, lass ich das nasse Merino Buff an. Denn das erneute aufziehen des nassen Schlauchtuchs, ist mehr als unangenehm. Ist Schneefall mit Wind vorhergesagt (kein Sturm), dann kommt auch eine Skibrille mit ins Gepäck. Da habe ich mich von den teuren Markenprodukten verabschiedet, die teilweise auch nur bedingt ihren Versprechungen gerecht wurden.
Mein Tipp: Bei Aldi gibt es hin und wieder in der Wintersaison super günstige Skibrillen für unter 10€, die eine überraschend gute Leistung bringen.
- Multifunktionstuch – Buff Merino*
- Mütze
- Skibrille – ALDI
Servus,
vielen Dank für die ausführliche Beschreibung. Hilft mir jetzt bei meiner Tour 20.3.2021 von Böbingen nach Konstanz auf dem Jakobsweg.
Da Temperaturen in der schwäbischen Alp jetzt nachts von -7° angesagt sind, ist ultraleicht, wie du schreibst, nicht vorrangig.
Ich trage zu meinen Trailrunnern sealskinz coldweather, das geht gut solange ich in Bewegung bin, ab 10min Pause wirds dann etwas frisch wenn die Schuhe schneenass sind. Beim Laufen danach wieder ok.
Einzig die Übernachtung im Zelt macht mir da noch Kopfzerbrechen,… die Socken (aussen) und Schuhe trocknen in der Zeit nicht. So werden sie morgens wahrscheinlich gefroren sein :-(