Wie Wandern mich zum Minimalismus führte
“Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn man nichts mehr hinzufügen, sondern wenn man nichts mehr weglassen kann.”
(Antoine de Saint-Exupéry, französischer Schriftsteller, 1900 – 1944)
Besonders auf meinem langen Weg von München nach Venedig habe ich gemerkt, dass ich es toll finde mein Gepäck auf das Nötigste zu reduzieren. Alles Überflüssige einfach wegzulassen. 11 Kg hatte ich damals dabei. Ich finde es noch immer erstaunlich, dass man mit so wenigen Dingen 34 Tage lang die kompletten Alpen überschreiten kann! Mittlerweile sind aus diese 11 kg durch geschicktes Weglassen eine minimalistische Ausrüstung von 5,5 kg geworden. Ohne Komfortverlust, ließen sich mit relativ einfachen Überlegungen nochmal eine Menge an überflüssigem Gewicht einsparen. Mehr Spaß am Wandern ist die Folge!
Genau das ist für mich das Schöne am Wandern, speziell bei langen Fernwanderungen. Man muss sich Gedanken um seine Ausrüstung machen! Habe ich zuviel eingepackt, ist der Rucksack zu schwer und es wird schwierig dieser Belastung längere Zeit Stand zu halten. Zusätzlich erhöht sich die Anstrengung und der Spaß leidet darunter. Fehlen mir andererseits wichtige Gepäckstücke, kann ich die Wanderung auch nicht vollständig genießen.
Aber sind wir mal ehrlich: Wann hattest Du das letzte Mal zuwenig Gepäck dabei? Ich noch nie!
Dieses gezielte und bewusste Nachdenken über die Auswahl der eigenen Wanderausrüstung kann ich bei vielen Mitwanderern beobachten. Zwar nicht immer vollständig konsequent, aber die Meisten wählen den Inhalt ihres Rucksacks dennoch mit Bedacht. Viele empfinden diese Reduzierung auf das Wesentliche, das bewusste Weglassen von Überflüssigem, als wahre Entlastung. Nicht nur auf den Schultern, sondern besonders im Kopf. Tragen wir weniger Dinge bei uns, sind wir gleichzeitig auch freier im Kopf. Weniger Gegenstände, um die man sich kümmern oder Sorgen machen muss, dass sie unbeschädigt bleiben.
So lebe ich für die Zeit der Wanderung minimalistisch und bin einfach glücklich. Im doppelten Sinne.
Denn so kann ich die für mich wichtigen Dinge einer Wanderung viel ausführlicher genießen. Die Natur, die Berge, die frische Luft, die Ruhe, den Spaß an der Bewegung, den Austausch mit anderen Wanderern und kann einfach mal die Seele baumeln lassen. Das führt unter anderem dazu, dass sich mein Leben entschleunigt!
Minimalismus im Alltag?
Besonders im Rückblick auf meine ersten, völlig überfrachteten Wanderungen mit knapp 20 kg auf dem Rücken, habe ich durch diese minimalistische Einstellung sehr viel mehr Spaß und Freude am Wandern gewonnen.
Deshalb habe ich mich gefragt, wenn mir das Wandern durch weniger mehr ist, warum dann nicht auch im Alltag? Warum nicht bei mir Zuhause in der Wohnung alles Überflüssige weglassen? So habe ich mich einmal in meiner Wohnung umgeschaut und mir die Frage gestellt:
- Welche meiner Besitztümer bereichern mein Leben?
- Und welche verschlingen nur Platz, Zeit und Geld?
„Das Leben ist eine Reise. Nimm nicht zu viel Gepäck mit.“
―Billy Idol
Mein Kleiderschrank war ein guter Startpunkt: Mindestens 70% aller T-Shirts, Hemden, Pullover, Hose, Jacken, etc. ziehe ich nicht mehr an. Sie sind nur Staubfänger. Sie zwangen mich aber trotzdem dazu, einen großen Kleiderschrank zu besitzen. Einen größeren Transporter beim Umzug machen sie ebenfalls nötig. Ich bin durch sie nicht glücklicher und sie bereichern mein Leben auch nicht.
Außerdem kann ich ja nicht bei meiner Wanderausrüstung alles überflüssige aussortieren und meinen Kleiderschrank überquellen lassen. Also habe ich all diese nicht mehr getragenen Kleidungsstücke in Säcke verpackt und gespendet. Die Sachen die mir noch gut gefallen und regelmäßig getragen werden (meine Skiausrüstung natürlich nur im Winter) habe ich behalten.
Das Ausmisten ist jetzt 1,5 Jahre her! Ich habe kein einziges Kleidungsstück vermisst. Jeden morgen wenn ich den Kleiderschrank öffne, habe ich ein Lächeln auf dem Gesicht und finde auch direkt was ich suche.
Genauso versuche ich das auch mit dem Rest meiner Besitztümer. Viel von meiner alten Wander- und Trekkingausrüstung liegt verstaut in Kisten. Sie verstaubt so vor sich hin. Sehr unwahrscheinlich, dass ich die beiden 2 und 3 kg schweren Rucksäck jemals noch benutzen werde. Beiden waren noch super in Schuss, also habe ich sie verkauft. So bekomme ich Geld für etwas, das bei mir zuhause unbenutzt rumliegt und kann anderen eine Freude damit machen.
Es gibt mir eine tiefe innere Zufrieden- und Gelassenheit, dass ich mit weniger materiellen Dingen glücklicher bin als vorher. Dadurch kann ich ein selbstbestimmteres, bewussteres und mobileres Leben führen und mich auf die Bereiche meines Lebens konzentrieren, die mir wirklich wichtig sind! Für mich bedeutet Minimalismus oder minimalistisch zu leben nicht, auf Dinge die mir wichtig sind zu verzichten. Sondern gezielt Gegenstände und Gewohnheiten loszulassen, die mir im Leben mehr Last als Freude sind.
Mir hat es sehr viel Lebensqualität gegeben, die Tugenden und Vorteile des Wanderns auf mein alltägliches Leben zu übertragen. Sich bewusst mit seiner Umwelt zu beschäftigen und gezielt die Dinge wegzulassen, die einem an einem selbstbestimmten und glücklicheren Leben hindern. Das sind für jeden unterschiedliche Gegenstände oder Gewohnheiten, aber die Meisten haben genug davon.
Für mich bedeutet Minimalismus, ob beim Wandern oder Zuhause: Gut für den Körper, aber noch besser für die Seele!
Was hältst Du von Minimalismus? Hast Du ähnliche Erfahrungen gemacht?
Wenn Du dich jetzt für weitere Info’s zu Minimalismus und minimalistischem Leben interessierst, findest Du hier sehr interessante Blogs und Seiten zu dem Thema:
- Einfach Bewusst von Christof
- Afschin von Afschin
- Besonders toll finde ich die minimalistischen Illustrationen von David Powell zum Thema Natur, Wandern und Camping. Findest Du auf Instagram.
Schöner Artikel!
Als ich vor 2 Jahren allein auf dem Meraner Höhenweg als reine Hüttentour unterwegs war, hatte ich einem vollgepackten 38 Liter Rucksack dabei und festgestellt, das ich viele Dinge eigentlich nicht benötigt habe. Ein Jahr später habe ich alles für eine weitere Hüttentour in einem 30 Liter Rucksack unterbringen können, und selbst danach stellte ich fest, das ich dieses oder jenes doch nicht benutzt habe. Mal sehen, inwieweit sich mein Gepäck noch reduzieren lässt.
Aber garde das Gefühl, bei solchen Bergwanderungen über mehrere Tage, alles (wenn auch meist zuviel) dabei zu haben, ist für mich ein Gefühl von Freiheit und Unabhängigkeit.
Hallo Angelica,
Dieses Gefühl von Unabhängigkeit und Freiheit schätze ich auch immer am meisten wenn ich mit dem Rucksack unterwegs bin.
Bei mir ist das Gepäck auch mit der Zeit erst immer weniger geworden. Nach jeder Tour schau ich mir meine Ausrüstung nochmal genau an und teile sie in drei Kategorien ein:
– was ich gebraucht habe
– was ich nicht gebraucht habe aber sicherheitsrelevant ist (Erste-Hilfe-Set)
– was ich nicht gebraucht habe und nicht sicherheitsrelevant ist
Die letzte Kategorie bleibt dann das nächste Mal zuhause :)
Wünsche Dir einen schönen Feiertag!
LG Alex
Schöner Beitrag! Finde ich gut, dass du den Minimalismus auf Zuhause übertragen hast. Da ich noch nicht allzu viele Wanderungen bzw. keine längeren gemacht habe, kann ich im Hinblick darauf (noch) nicht allzu viel beitragen.
Kenne das Problem von mir aber aus dem Urlaub…nehme immer einiges an Kleidung mit, nur um hinterher feststellen zu müssen, dass es 2/3 der Dinge auch getan hätten…
Mal schauen. Vielleicht kriege ich es ja demnächst auch mal hin, bewusst Dinge wegzulassen.
Liebe Grüße aus dem Pott.
Hi Daniel,
in meinen Urlauben bzw. Wanderungen komme ich jetzt mit einem schön leichten und minimalistischen Rucksack aus. Und die Wohnung ist auch viel aufgeräumter, sodass ich mehr Platz habe und mich nicht mehr so eingeengt fühle. Für mich persönlich hat die minimalistische Einstellung also nur Vorteile und Erleichterungen mit sich gebracht :)
Wünsche dir viel Erfolg bei deinem “Ausmisten” hin zu leichtem Gepäck!
Liebe Grüße,
Alex
Hallo Alex,
auch ich bin ein großer Fan von Minimalismus. Je weniger man mit sich rumschleppt – sei es auf einer Wanderung oder im Leben allgemein, umso freier ist man. Denn je weniger man besitzt, umso weniger muss man sich um den Erhalt der Besitztümer sorgen.
Bei mir gibts so gut wie keine Deko in der Wohnung und in der Küche sind sämtliche Spezialgeräte wie z.B. Sandwichmaker etc. rausgeflogen. Mittlerweile hat auch die Familie begriffen, dass wir keine neuen ‘nützlichen’ Dinge geschenkt bekommen haben wollen.
Beim Wandern kommt der Minimalismus glaub ich mit den Jahren. Auf der ersten Wanderung schleppt man noch alles mit – aus Panik irgendetwas lebensnotwendiges nicht dabei zu haben. Mit der Erfahrung lernt man dann, was man wirklich braucht und was nicht.
Liebe Grüße
Biene*summsumm*
Hallo Biene,
das sehe ich genauso wie Du!
Gerade beim Wandern finde ich es immer wieder aufs Neue erstaunlich, mit wie wenig Dingen man auskommt. Und schlussendlich auch glücklich ist.
Liebe Grüße,
Alex
Hallo Alex,
sehr schöner Artikel, den ich als Minimalist nur unterschreiben kann. Ich glaube, ich habe Deinen Text damals schon auf Facebook & Co. geteilt. Aber es kann nicht schade, das noch mal zu tun ;-)
Übrigens habe ich mich ebenfalls mit dem Thema auseinandergesetzt: Warum Wandern minimalistisch ist.
Leider bin ich auf meinen Alpenüberquerungen immer noch mit rund 10 kg unterwegs. Das liegt nicht am Willen oder am Know-how (auf Bergreif finden sich ja viele Tipps zum Reduzieren des Rucksackgewichts), sondern daran, dass ich ungern bewährte Ausrüstung entsorgen möchte. Das ist auch wenig nachhaltig. Aber sobald etwas nicht mehr zu verwenden ist, ersetze ich es mit einer leichteren Alternative. Bei der Regenjacke habe ich das bereits gemacht und fast 300 g gespart. Allein beim Rucksack stecken noch 500 g Einsparpotential.
Einfach bewusste Grüße
Christof
Hi Christof,
Danke dir für deine Ergänzung! Werd ich mir gleich mal durchlesen.
Funktionierende Ausrüstung weiter zu benutzen, obwohl sie noch etwas schwerer ist, ist auf jeden Fall die nachhaltigere Lösung.
Bei Hüttentouren ohne Zelt habe ich die Erfahrung gemacht, dass man mit dem Weglassen von Überflüssigem, aber am meisten Gewicht sparen kann.
Viele Grüße,
Alex